Gewalt an Frauen braucht dauerhafte Gegenhandlung
Anlässlich des Internationalen Tags zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November und dem anschließenden 16-tägigen Aktionszeitraum mahnt die Katholische Frauenbewegung, Gewalt an Frauen als Tatsache innerhalb unserer Gesellschaft anzuerkennen. Während aktives gesellschaftliches Gegenhandeln selbst bei sichtbarer Gewalt noch immer nicht selbstverständlich ist, wird gerade psychologische Gewalt an Frauen teils gar nicht erkannt. Grund sind die mangelnde Diskussion und fehlende Aufklärung über ein Phänomen, das entgegen verbreiteter Annahmen keine soziale Randerscheinung darstellt und sich nicht auf typisierte Gesellschaftsgruppen beschränkt.
„Es fehlt das Bewusstsein“, so kfbö-Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl, „dass Gewalt mit gesellschaftlicher Diskriminierung beginnt, mit der Benachteiligung von Frauen am Arbeitsplatz, mit der Verteidigung traditioneller Rollenbilder und der Zuweisung von Care-Arbeit zu Ungunsten der Frauen. Solange die Ungleichheit der Geschlechter nicht überwunden ist, bleibt der Nährboden für Gewalt bestehen.“
Die Katholische Frauenbewegung fordert daher einen gezielten und dauerhaften Bildungsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern, der in Kindergärten und Schulen ansetzt und eine konsequente öffentliche Aufklärungsarbeit umfasst. Statt 16 Tage müssen wir 365 Tage aktiv gegen Gewalt an Frauen vorgehen.
Dafür braucht es allen voran eine umgehende Enttabuisierung von Gewalt an Frauen im öffentlichen Dialog. Über Gewalt zu sprechen, bildet die unbedingte Voraussetzung dafür, dass erfahrenes Unrecht verstanden und idealerweise zukünftig verhindert wird. Durch diverse Informationsformate in den Diözesen, durch Beteiligungen an der UN-Kampagne Orange the World und spezifische politische Abendgebete wie in der kfb Innsbruck setzt sich die Katholische Frauenbewegung für die Bewusstseinsvermittlung ein, dass Gewalt an Frauen keine allein außereuropäische, sondern ebenso eine nationale Problematik darstellt.
Während von einer großen Dunkelziffer in der statistischen Erfassung von Gewalthandlungen gegen Frauen ausgegangen werden muss, belegt Statistik Austria bei ca. einem Viertel aller Frauen ab 15 Jahren das Erleben körperlicher sowie sexueller Gewalt. Noch schwieriger zu erheben sind psychologische Vergehen. Hier fordert die kfb unbedingtes Nachrüsten in der Forschungsförderung, um die Hintergründe und vielfältigen Facetten nichtphysischer Gewalt erkennbar zu machen und zu unterbinden.
Um Gewalt an Frauen entgegen zu wirken und auch legislativ zu ahnden, bedarf es außerdem konkreter struktureller Maßnahmen, zu denen nicht zuletzt die hinreichende Ausbildung von Mediziner*innen gehört. Im Lehrplan für das Medizinstudium in Österreich gibt es aktuell keinen forensischen Pflichtkurs zur gerichtsverwertbaren Dokumentation häuslicher oder sexualisierter Gewalt. Wenn die Schulung einer solchen fachspezifischen Befundung nicht erfolgt und die Ärztin oder der Arzt in der Folge keine beweisfähige Aufzeichnung einer gewaltbedingten Verletzung verfassen kann, wird das juristische Vorgehen gegen Gewalt an Frauen stark behindert. Es darf nicht passieren, dass ein Gewaltdelikt wegen staatlicher Einsparungen in der Lehre nicht oder nur eingeschränkt verurteilt wird.
Darüber hinaus ruft die Katholische Frauenbewegung im Zuge des internationalen Aktionszeitraums gegen Gewalt dazu auf, über die eigenen Landesgrenzen hinweg zu blicken. Wir sind in unserer globalen wirtschaftlichen sowie digitalen Vernetzung Mitglied einer globalen Gesellschaft. In der Folge verantworten wir den Umgang mit Gewalthandlungen im lokalen Umfeld ebenso wie weltweit.
Im Rahmen der Aktion Familienfasstag unterstützt die Katholische Frauenbewegung in Ländern des globalen Südens Frauen unter anderem bei der psychologischen Aufarbeitung von Gewalterfahrungen. Laut Anna Raab, der stellvertretenden kfbö-Vorsitzenden und Familienfasttags-Verantwortlichen, „wirkt schon die Botschaft, dass jemand Anteil nimmt an der eigenen Erfahrung von Gewalt als mentale Stärkung und entscheidende Hilfe.“ Verbunden mit Bewusstseinsarbeit zu Frauenrechten ermöglichen Modellprojekte wie im Machismo-dominierten Guatemala Frauen Ausgänge aus häuslicher Gewalt und Eingänge in einen unabhängigen, gewaltfreien Alltag.
Die Katholische Frauenbewegung mahnt zudem, bei Unterstützung gegen Gewalt auf einen respektvollen Umgang und Austausch mit jenen zu achten, die Gewalt erfahren haben. Unterstützung muss im vollen Umfang dem Interesse der zu Unterstützenden zuarbeiten und darf keine Klischees und Denkarten von Opferverhältnissen und Kriterien von stark und schwach bedienen. Sobald Hilfe autoritär wird und neue Rollenmuster zuschreibt, hat sie ihre Funktion verfehlt. Grundlage für den Einsatz gegen Gewalt ist daher ein Kennenlernen von Menschen und von sozialen Kontexten. Diese Auseinandersetzung mit unseren Mitmenschen und insbesondere mit den Lebenssituationen von Frauen in Österreich und in der Welt möchte die kfb vermehrt fördern und auch öffentlich gefördert sehen.