
Katholische Frauenbewegung zu Gerechtigkeit: Neuen "Kuchen" backen
Graz, 27.07.2023 (KAP) Den vielen Dimensionen von Gerechtigkeit widmet die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) ihre diesjährige Sommerstudientagung von 26. bis 29. Juli auf Schloss Seggau in der Südsteiermark. Vorsitzende Angelika Ritter-Grepl erklärte dazu in ihren Eröffnungsworten am Mittwochabend vor rund 100 Gästen, es gehe heute nicht nur um Verteilungsgerechtigkeit im Sinne von "Wir wollen die Hälfte vom Kuchen"; anzustreben sei eine "neue Definition von Gerechtigkeit jenseits alter patriarchaler Muster und Wirtschaftslogiken", wie Ritter-Grepl sagte: "Wir wollen einen neuen Kuchen backen!"
An der Studientagung nehmen 62 Delegierte der Katholischen Frauenbewegung aus ganz Österreich und Südtirol teil. Das Programm sieht Vertiefungen zu den Themen Klimagerechtigkeit (durch Referentin Anja Appel von der KOO-Fachstelle für internationale Entwicklung und Mission sowie Martina Luger von "Horizont3000"), Verteilungsgerechtigkeit/CARE-Arbeit (durch Simone Curau-Aepli, Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes) sowie Frau und Kirche (durch Magdalena Pittracher, Frauenreferentin in der Diözese Innsbruck) vor. Unter den Teilnehmerinnen befinden sich auch die erste altkatholische Bischöfin Österreichs, Maria Kubin, und die steirische Landesrätin Juliane Bogner-Strauß. Der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl übermittelte ein Grußwort via Video.
Erwerbs- und Care-Arbeit fair verteilen
In der Frage der gerechten Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit werde der Widerspruch zwischen dem "halben Kuchen" oder aber einem neu zu backenden für Frauen besonders deutlich, erläuterte Ritter-Grepl: Die Einbindung von Frauen in die herrschende Wirtschaft nach dem Muster der männlichen Vollzeitbeschäftigung werde die Schlechterstellung von Frauen nicht beheben, verwies die kfbö-Vorsitzende auf das Stichwort Altersarmut von Frauen und die wenig realistische Umsetzung eines solchen Modells. Erwerbsarbeit sei auch nur ein Bereich von Arbeit: Die für alle notwendige Care-Arbeit erledigt sich nicht von selbst und dürfe nicht vor allem den Frauen überantwortet werden, betonte die kfbö-Vorsitzende. Sie plädierte für "neue Vereinbarkeitsmodelle, die Frauen und Männer gleichberechtigt in beide Sphären einbinden".
Kritik übte Ritter-Grepl in diesem Zusammenhang an den in Österreich geltenden Karenz-Regelungen: "Sie benachteiligen Frauen und Kinder zugunsten des Vollzeit erwerbstätigen, männlichen Hauptverdieners und zementieren ungerechte Geschlechter- und Familienverhältnisse."
Bei der Frage der Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche, die eines der Hauptthemen bei der im Oktober anstehenden Weltsynode sein wird, hält die kfbö-Vorsitzende eine Umkehr für "bitter nötig". Der weltweite synodale Prozess sei Herausforderung und Hoffnung zugleich. Die Katholische Frauenbewegung beteilige sich aktiv in diesem "Aushandlungsprozess für eine Gemeinschaft, die glaubwürdig die frohe Botschaft verkündet, weil sie dem eigenen Wort in gerechteren Strukturen folgt und Beispiel in der Welt sein kann".
Christliche Gerechtigkeit bezieht sich nach den Worten Ritter-Grepls nicht nur auf die menschliche Gemeinschaft, sondern auch auf den Umgang mit Tieren und der ganzen Schöpfung. Beim riesigen Komplex der Klimagerechtigkeit stehe die Menschheit wohl am Beginn eines notwendigen Kurswechsels, "dessen Ausmaß noch gar nicht absehbar ist".
Nicht umsonst sei Gerechtigkeit eine der vier Kardinaltugenden, sagte Bischof Krautwaschl in seiner Videobotschaft an die Tagungsteilnehmerinnen. Sie komme auch nicht aus sich selbst, sondern sei mit Harmonie, Gemeinschaft und Einsatz für andere verbunden. Krautwaschl äußerte die Hoffnung, die kfb-Delegierten mögen nach ihrer Rückkehr in ihre Diözesen "ins Gestalten kommen und damit erfolgreich sein".
Text entommen von Kathpress.at