Sommerstudientagung der Katholischen Frauenbewegung Österreichs: „Corona als Prüfstein für Geschlechtergerechtigkeit und Systemwandel“
[Wien, 20.7.2021, PA] Geschlechtergleichstellung und Klimagerechtigkeit sind für die Katholische Frauenbewegung Österreichs unabdingbare Voraussetzungen für ein „gutes Leben für alle“, das es „nach Corona“ entschiedener denn je anzustreben gelte: „Wir können nicht einfach zurück zu dem, was ‚vor Corona‘ war“, so Angelika Ritter-Grepl, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs, anlässlich der kfbö-Sommerstudientagung am 20. Juli: „Auf der Grundlage feministischer Theologien und einer feministischen Ökonomie fordern wir eine radikale Kehrtwende sowohl im Blick auf Geschlechterzuschreibungen als auch was den Umgang mit der Natur angeht.“ Bei der online-Tagung beschäftigten sich mehr als 70 kfb-Frauen aus ganz Österreich unter dem Titel „WomEn are the change“ mit „Corona als Prüfstein für Geschlechtergerechtigkeit und Systemwandel“. Gegenwärtige, durch Corona verstärkt sichtbar gewordene Schieflagen sowie notwendige Strategien hin zu einem „guten Leben für alle“ diskutierten bei der Tagung mit den kfb-Frauen die feministische Ökonomin Katharina Mader, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für heterodoxe Ökonomie der Universität Wien sowie der Referentin in der Frauenabteilung der Arbeiterkammer, und die feministische Theologin Aurica Jax, Leiterin der Arbeitsstelle für Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz.
Corona habe dazu geführt, dass die unbezahlte Sorge-Arbeit von Frauen „extrem gestiegen“ sei, so die feministische Ökonomin Katharina Mader. Die Pandemie habe Frauen mehrfach betroffen: „Frauen haben Erwerbsarbeit verloren oder wegen anstehender Betreuungsaufgaben reduziert und haben damit Einbußen bei der Existenzsicherung erlitten. Sie hatten viel zu viel Arbeit in ‚systemrelevanten‘ Berufen, die niedrig entlohnt sind und schlechte Arbeitsbedingungen aufweisen, und sind dafür lediglich beklatscht worden. Sie sind als Frauen im home office in Verbindung mit Kinderbetreuung unsichtbar geworden im Erwerbsleben – sie waren die, die nicht jede Videokonferenz mitmachen konnten, die nicht zuerst im Büro zurück waren.“ Corona sei ein „reality-check“ für die Bewertung und die Verteilung von Arbeit zwischen den Geschlechtern gewesen.
Jetzt investieren in ein „gutes Leben für alle“
Jetzt gelte es, massiv zu investieren in ein „gutes Leben für alle“: „Klassisch feministische Forderungen sind jetzt relevanter denn je: Gleichstellung- und Frauenpolitik dürfen keine Luxusmaterie sein, sondern müssen als Querschnittsmaterie bei allen Entscheidungen betrachtet werden“, so Mader. Es brauche Investitionen in Bildung, Elementarpädagogik und Pflege, um Frauen zu entlasten und neue, qualitative Arbeitsplätze zu schaffen. Arbeit, unbezahlte wie bezahlte, müsse geschlechtergerecht verteilt werden: „Und im Bereich der Daseinsvorsorge gilt es ganz neu zu denken: was kann in bezahlte Erwerbsarbeit umgewandelt werden, was bisher unbezahlt gemacht wurde?“ Außerdem sei die Gleichstellungsfrage nicht getrennt von der Klimafrage zu beantworten, ein Blick in den Süden der Welt etwa zeige, wie stark Frauen vom Klimawandel betroffen seien. Abgebildet seien diese Analysen und Forderungen u.a. in der Agenda der Initiative „Mehr für Care“ (www.mehr-fuer-care.at), so Mader, mit der sich die kfbö im Verbund mit weiteren Frauenorganisationen bereits aufgemacht habe, das „gute Leben für alle“ nachdrücklich zu verfolgen.
Sorge als Aufgabe aller Geschlechter
Dass auch in immer weniger christlich geprägten Gesellschaften Frauen den weit überwiegenden Teil der privaten wie beruflichen Sorge-Arbeit übernehmen, liegt nach Ansicht der feministischen Theologin Aurica Jax in kulturellen, aus dem Christentum rührenden Zuschreibungen begründet, die insbesondere im Katholizismus über Jahrhunderte zementiert wurden: „Z.B. ein männlicher Herrschergott versus Maria als Rollenmodell für das ‚dienende Geschlecht‘“. Feministische Kritik habe dieses Rollenmuster analysiert und kritisiert sowie Alternativen entwickelt, die „zunehmend zum Allgemeingut werden: vielfältige Gottesbilder, Maria als aktive Prophetin, die Entdeckung der ‚starken Frauen‘ in der Bibel und der Kirchengeschichte“. Heute deskonstruierten feministische Theologien weit darüber hinaus auch „die vermeintliche Binarität von Geschlecht als Basis einer geschlechtsspezifischen Aufgabenverteilung in Gesellschaft und Kirche“. Und auch Jax verweist auf den Konnex von Klima- und Geschlechtergerechtigkeit: „Die ökologische Katastrophe lässt sich mit tiefsitzenden Vorstellungen erklären, die mit den genannten Geschlechterzuschreibungen verbunden sind: gegen die ‚Herrschaft über die Natur‘ als falsch verstandene Stärke setzen ökologische Theologien die Verwobenheit allen Lebens miteinander und die Sorge als Aufgabe aller Geschlechter.“
Nachlese zur Sommerstudientagung 2021:
Einstieg von kfbö-Vorsitzender Angelika Ritter-Grepl und power-point-Unterlagen der Referentinnen Aurica Jax und Katharina Mader
Einstieg Angelika Ritter-Grepl zu Sommerstudienwoche 20.7.2021
Women are the change: Frauen sind die Veränderung so lautet der Titel unseres heurigen, virtuellen Sommerstudientags.
Der Fokus ist auf die Corona-krise gerichtet mit ihren Herausforderungen für uns Frauen. Die Ansprüche an Frauen waren vorher schon da, jedoch die Krise macht sichtbar, wo und wie Frauen in unserer Gesellschaft überproportional beansprucht sind.
Frauen sind aber auch stark und vielfältig und Frauen waren es im Frühchristentum, welche die Mission getragen und Hauskirchen aufgebaut und die Kirche mitgegründet haben. Im Frühchristentum waren es real die Frauen, die handelten und umwälzende Veränderungen bewirkten: women are the change!
Darum stelle ich eine biblische Frau an den Anfang unseres Tages: Priska oder Priscilla. Sie war eine berufstätige Frau, Zeltmacherin, Gemeindeleiterin, gleichberechtigt mit ihrem Mann, Aquila, nicht nur ein Anhängsel, denn ihre Bedeutung in der Gemeinde war größer. Sie war eine Lehrerin des Glaubens wie in der Apostelgeschichte festgehalten. Priska kann uns in den Herausforderungen der Krisenbewältigung Vorbild sein: Women are the change! So hören wir aus der Apostelgeschichte:
Apg 18, 1-3
Hierauf verließ Paulus Athen und ging nach Korinth. Dort traf er einen aus Pontus stammenden Juden namens Aquila, der vor kurzem aus Italien gekommen war, und dessen Frau Priszilla. Klaudius hatte nämlich angeordnet, dass alle Juden Rom verlassen müssten. Diesen beiden schloss er sich an, und da sie das gleiche Handwerk betrieben, blieb er bei ihnen und arbeitete dort. Sie waren Zeltmacher von Beruf.
Apg 18, 18f, 24-26
Paulus blieb noch längere Zeit. Dann verabschiedete er sich von den Brüdern und segelte zusammen mit Priszilla und Aquila nach Syrien ab. In Kenchreä hatte er sich aufgrund eines Gelübdes den Kopf kahl scheren lassen. Sie gelangten nach Ephesus. Dort trennte er sich von den beiden; er selbst ging in die Synagoge und redete zu den Juden. Ein Jude namens Apollos kam nach Ephesus. Er stammte aus Alexandria, war redekundig und in der Schrift bewandert. Er war unterwiesen im Weg des Herrn. Er sprach mit glühendem Geist und trug die Lehre von Jesus genau vor; doch kannte er nur die Taufe des Johannes. Er begann, offen in der Synagoge zu sprechen. Priszilla und Aquila hörten ihn, nahmen ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes noch genauer dar.
Röm, 16, 3-16a
Grüßt Priska und Aquila, meine Mitarbeiter in Christus Jesus, die für mich ihr eigenes Leben aufs Spiel gesetzt haben; nicht allein ich, sondern alle Gemeinden der Heiden sind ihnen dankbar. Grüßt auch die Gemeinde, die sich in ihrem Haus versammelt.
Entnommen aus der Liturgie für die Kampagne der Diözese Innsbruck:
Maria Magdalena & Co von Sr. Notburga Maringele
https://www.dibk.at/Media/Organisationen/Frauenreferat/Maria-Magdalena-Co
Nachlese zu den Beiträgen von Katharina Mader und Aurica Jax (pdf)